© Naturfotografie_Hannes Bonzheim

Der Rotmilan

Naturpark-Tier 2010

Der Rotmilan ist ein eleganter Luftakrobat mit einer Flügelspannweite von ca. 160 cm. In seinem meisterlich beherrschten Schwebe- und Segelflug ist er leicht am lang gegabelten rostroten Schwanz erkennbar. Im Volksmund wird er deshalb neben vielen anderen Namen auch Gabelweihe genannt, was jedoch irreführend ist, da er mit den Weihen nicht direkt verwandt ist. In England verehrt man seine Flugkunst und Farbe mit dem Namen „Red kite (Roter Drache)“. Seine Flugfähigkeiten verdankt er nicht nur seinem breiten Gabelschwanz, den er hervorragend zum Manövrieren einsetzen kann, sondern auch seiner im Verhältnis zur Körpermasse sehr großen Flügelfläche. Sein Bauchgefieder ist etwas heller und leuchtender rötlichbraun als das Rückengefieder. Seine kurzen Beine sind gelb. Sein Flugbild ist von unten besonders kontrastreich. Die Basis der tief gefingerten Handschwingen ist weiß und im letzten Drittel schwarz. Der Rotmilan ist schlanker und größer als der Mäusebussard und am ehesten noch mit dem Schwarzmilan zu verwechseln, der jedoch dunkler ist, einen schwächer gekerbten Schwanz besitzt und in Schleswig-Holstein nur in ganz wenigen Einzelpaaren vorkommt.

© Naturfotografie_Hannes Bonzheim

Essenswahl aus der Luft

Rotmilane jagen überwiegend Offenland bewohnende Kleintiere. Neben Mäusen werden auch Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische, Insekten u. a. nicht verschmäht. Sie erspähen ihre Beute im Gegensatz zum Mäusebussard nicht von einem Ansitz aus, sondern direkt aus dem niedrigen Suchflug. Die Beute wird aus dem Gleitflug gegriffen. Der Vogel ist dabei auf das Überraschungsmoment angewiesen. Aufgrund seiner kurzen Beine kann der Rotmilan nur auf vegetationsfreien oder kurzrasigen Flächen erfolgreich jagen. Hoch und dicht stehende Vegetation, wie z. B. auf Getreidefeldern verwehren dem Milan wie auch anderen Greifvögeln die Sicht auf den Erdboden und damit eine erfolgreiche Jagd. Gerade zur Zeit des höchsten Nahrungsbedarfs der Jungen, im Frühsommer, fehlen dem Milan jedoch zunehmend geeignete Nahrungsgründe. Zudem erweitern Rotmilane ihren Speiseplan durch tierische Straßenopfer und Nahrungsreste von Müllhalden sowie durch Stehlen der Beute anderer Vögel wie z. B. bei Krähen und Möwen. Selbst einem Seeadler können sie die Beute schon einmal streitig machen.

Deutschlandfan

Unter den Greifvögeln hat der Rotmilan ein besonders kleines Verbreitungsgebiet. Er hat sich vor allem Deutschland als Heimat auserkoren. Sein weltweiter Bestand wird auf ca. 16.500 - 22.500 Paare geschätzt, wovon ca. 60% in Deutschland leben. Rund 30% der Weltpopulation brüten in Frankreich und Spanien. Nördlich und nordwestlich kommt er bis nach Südschweden und Wales vor. Außerhalb Europas gibt es nur winzige Bestände in Georgien, im nördlichen Marokko, auf den Kanaren und den Kapverden.
Er ist ein ausgeprägter Vogel des Tieflandes und brütet unterhalb 600 m ü. M. Ca. 2/3 des deutschen Rotmilanbestandes entfallen auf die neuen Bundesländer.
In Schleswig-Holstein leben derzeit etwa 120 Paare. Dabei entfallen ca. 70 % der Brutplätze auf das östliche Hügelland. Im Naturpark Holsteinische Schweiz leben derzeit rund 30 Paare. Der Rotmilan bevorzugt hügelige Landschaft, mit einer Mischung aus alten Laubwäldern, offenen Feldern und Wiesen. Extensiv bewirtschaftetes Grünland mit frisch gemähten Wiesen bedeuten für ihn reiche Beute.

Gewagte Balzspiele

Im Alter von drei Jahren sind die Rotmilane geschlechtsreif und treffen bereits überwiegend in der ersten Märzhälfte an ihrem Brutplatz, in einem meist lückigen Laubaltholzbestand, ein. Bald nach der Ankunft in dem meist von ihnen über viele Jahre hinweg besetzten Brutrevier, kann man ihre eindrucksvollen Balzspiele am Himmel beobachten. Dabei stoßen beide Partner gemeinsam aus beachtlicher Höhe im Sturzflug bis dicht über die Baumwipfel oder den Boden.

Lauscht den langrufen von zwei Rotmilanen:

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© Naturfotografie_Hannes Bonzheim

Wohnungseinrichtung mit besonderem Flair

Der Rotmilan ist kein guter Horstbauer. Das Nest besteht oft aus einer verhältnismäßig kleinen Anhäufung dünnen Reisigs und bis zu daumenstarken Zweigen. Es wird in einem Baum in mindestens 15 Meter Höhe gebaut. Der brütende Altvogel überragt oft den Nestrand mit seinem Schwanz. Wenn es sich ergibt, übernimmt er die Nester von z. B. Mäusebussard, Schwarzmilan, Habicht, Seeadler oder Rabenkrähe oder recycelt von ihnen Materialien. Rotmilane haben eine Vorliebe, ihren Horst mit menschlichen Abfällen zu polstern. Man findet dort überwiegend Lumpen, Papier, Kunststoff und Fellreste, aber auch Kuriositäten: So haben dort ein ausgestopfter Sperber, Teile einer Vogelscheuche und eine halbe Hose schon ihr Plätzchen gefunden. Problematisch erweist sich dabei wasserundurchlässiges Material, wie die in der Landwirtschaft zunehmend verwendete Silofolie, da bei Regen die Jungvögel schnell in Pfützen liegen und unterkühlen.

© Isabell Eckle

Puschelküken mit Schauspielreflex

Rotmilane legen Anfang April 2-3 Eier, die vom Weibchen einen Monat bebrütet werden. Während dieser Zeit wird das Weibchen vom Männchen versorgt. Da das erste Ei sofort nach der Ablage bebrütet wird, und die Jungen somit unterschiedlich alt sind, werden sie mit deutlichen Entwicklungsunterschieden aufgezogen. Die Jungvögel sind besonders puschelig anzusehen, weil sie auf dem Kopf besonders lange Dunenstrahlen haben. Die Kleinen bleiben 6 - 8 Wochen im Nest und zeigen bei Gefahr, z. B. wenn sich ihnen ein potentieller Feind nähert, ein merkwürdiges Verhalten, das man Akinese nennt. Dabei sinken die Jungvögel in sich zusammen, öffnen den Schnabel, lassen den Kopf hängen und halten die Augen starr geöffnet. Sie stellen sich so lange tot, bis die Gefahr vorüber ist. Sicher ist sicher…. Wenn die Jungvögel flügge sind, verbleiben sie noch weitere 2 - 4 Wochen im elterlichen Revier und werden von den Altvögeln gefüttert, bis sie selbstständig jagen können. Das Bild der Jungvögel (rechts) ist bei einer Beringungsaktion entstanden.

Im Fokus des NABU

Der NABU (Naturschutzbund Deutschland) ist im Naturpark Holsteinische Schweiz mit den Gruppen Eutin, Plön und Bad Segeberg vertreten. Rund 2.000 Mitglieder unterstützen derzeit die Naturschutzarbeit des Verbands in der Region. Zu den Schwerpunkten der Arbeit des  NABU zählt ganz besonders der Schutz und die Entwicklung  „großvogelfreundlicher“ Kulturlandschaften, die den Ansprüchen von Großvogelarten wie dem Rotmilan an Brut- und Nahrungshabitate nachhaltig gerecht werden. Anlässlich der Wahl des Rotmilans zum Vogel des Jahres im Jahr 2000 durch den NABU haben die Greifvogelexperten der ansässigen NABU-Gruppen  eine Kartierung der Brutplätze in den Kreisen Plön, Ostholstein und Teilen des Kreises Segeberg durchgeführt sowie weiteres Datenmaterial zur Ermittlung des oben dargestellten Landesbestandes zusammengetragen. Zwischen 2004 und 2009 wurde die Situation des Rotmilans im Rahmen der bundesweiten Kartierungen für den Atlas deutscher Brutvogel-Arten (ADEBAR) von den NABU-Aktiven erneut untersucht.


Text: Sonja Fuhrmann mit Unterstützung der NABU-Gruppen Eutin und Plön

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