© Solvin Zankel

Der Nördliche Kammmolch

Naturpark-Tier 2011

Der Kammmolch ist fast in ganz Mitteleuropa verbreitet und Schleswig-Holstein liegt nahezu im Zentrum seines Areals. Seinen Verbreitungsschwerpunkt hat er im Östlichen Hügelland, im Naturpark Holsteinische Schweiz besonders in der Seenkette Großer Plöner See, Behler See, Dieksee, Kellersee und dem Selenter See. Nur selten wurden in Schleswig-Holstein mehr als 50 Tiere in einem einzelnen Gewässer gefunden (max. 600) – an Amphibienzäunen können es dagegen schon mal mehrere hundert Exemplare (max. 1200) sein. Im Naturparkbereich gibt es aus den 1990 er Jahren positive Bestandstrends, da der Kammmolch von Gewässerbiotopprogrammen profitierte. Europarechtlich ist der Kammmolch eine streng zu schützende Art von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhalt besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Da ca. 1/10-1/3 seines Verbreitungsgebietes auf Deutschland entfällt, ist es „in hohem Maße verantwortlich“ für diese Art.

Wasserdrache mit Mustercode

Wer nicht an Drachen glaubt, könnte bei der Begegnung mit dem Kammmolch doch Zweifel verspüren, so wird unser größter Molch auch liebevoll „Wasserdrache“ genannt: Die ca. 11-12 cm großen Männchen bilden im Wasser auf dem Rücken einen hohen, stark gezackten Hautsaum, der vom Hinterkopf bis zur Schwanzspitze reicht und nur an der Schwanzwurzel unterbrochen ist. An den Flanken des Schwanzes sieht man einen hellen, weißlichen Streifen. Dieser imposante Körperschmuck, mit dem die Männchen um die meist 12-13 cm großen Weibchen werben, wird nach dem Wasseraufenthalt zurückgebildet.

Zum weiteren charakteristischen Aussehen gehört bei beiden Geschlechtern eine an Rücken und Seiten leicht warzig gekörnte Haut. Die Flanken sind weißlich granuliert. Im Normalfall ist die Oberseite der Tiere unauffällig braun-schwarz gefärbt, der Bauch dagegen hellgelb bis rot-orange mit schwarzen Flecken. Mit diesem individuell unterschiedlichen Fleckenmuster kann man einzelne Tiere bei feldbiologischen Untersuchungen unterscheiden.

Was kann ich für unseren Wasserdrachen tun?

•    In Laichgewässern Fischbesatz abfischen
•    Teiche anlegen
•    Gewässer von Verlandung und Beschattung befreien
•    Sich z.B. durch eine Mitgliedschaft in einem der anerkannten Naturschutzverbände für den Erhalt und die Förderung einer strukturreichen Landschaft einsetzen
•    beim Einkauf auf die Auswahl umweltgerecht erzeugter Produkte achten

© Solvin Zankel

Nasses und heimliches Leben bevorzugt

Als gewandter Schwimmer bevorzugen die dämmerungs- und nachtaktiven Kammmolche im Vergleich zu anderen Molchen größere, vegetationsreiche Kleingewässer. Sie orientieren sich dort hauptsächlich mittels des Geruchssinnes.
Der für einen Molch besonders lange Aufenthalt im Laichgewässer dauert oftmals von März bis August. Aber auch bereits ab Mai/Juni können die erwachsenen Tiere schon wieder in andere Gewässer oder direkt in die Landlebensräume abwandern. Dabei sind Wanderstrecken von bis zu 1,6 km Länge belegt. In der Landphase verstecken sich Kammmolche tagsüber unter Brettern, Steinen, in Höhlungen unter Wurzeln, in Nagerbauten etc. - Stellen, an denen sie bei Frostfreiheit auch überwintern.

Appetit auf alles, was kleiner ist

Wer groß werden will muss viel essen. Das gilt auch für die Kammmolch-Larve. Es wird fast alles gefressen, was sich bewegt und kleiner ist als sie selbst. So kann eine 6 cm große Larve an einem Tag 900 Mückenlarven fressen! Na, wenn das kein Grund ist, sich für den Molchschutz einzusetzen… Auf dem weiteren Speiseplan stehen für die Larve z. B. Bachflohkrebse, Köcherfliegenlarven, Wasserflöhe u. a. Die erwachsenen Tiere sind auch nicht wählerisch und erbeuten Insektenlarven, Kleinkrebse, Egel, Schnecken, die Nachkommenschaft anderer Molche und was sonst zu finden ist. An Land erjagen sie Regenwürmer, Nacktschnecken, Insekten und mehr. Die Beute wird im Ganzen geschluckt.

 

Ein Leben voller gefahren

Viele Wassertiere haben die Eier und Larven des Kammmolches „zum Fressen gern“. Natürlicherweise setzen ihnen Libellen- und räuberische Käferlarven, Wasserwanzen oder Fische zu. Auch die erwachsenen Tiere sind nicht sicher. Reiher, Ringelnatter, verschiedene Raubfische oder auch der Fischotter laben sich zum Beispiel gerne an ihnen. Manchmal hilft ihnen im letzten Moment eine Schreckstellung, bei der sie ihre orange Bauchunterseite zeigen. Zudem können sie ein milchiges Hautsekret absondern, das manchen Angreifer vom Fressen abhält.

Jedoch sind nicht die natürlichen Feinde am Rückgang der Kammmolchpopulationen in ganz Europa schuld, sondern die Ursachen sind eindeutig menschlichen Ursprungs. Es werden Gewässer vernichtet oder verschmutzt, immer wieder werden Fische selbst in kleinste Laichgewässer eingesetzt, starke Nährstoffeinträge lassen Laichgewässer schneller zuwachsen und verlanden, die Lebensräume des Kammmolches werden zunehmend zerschnitten und auch der Straßenverkehr fordert seine Opfer.

Tanzkür mit Duftnote

Nach dem Einwandern in das Laichgewässer finden Balz und Paarung statt. Die Männchen besetzen Balzplätze, die gegen andere Männchen verteidigt werden und werben um die Weibchen. Das Männchen baut sich direkt vor dem Weibchen auf, macht einen Katzenbuckel und geht dabei fast in einen Handstand über. Auf diese Weise kommt seine imposante Größe, aber auch die Bauchseite mit den prächtigen Farben besonders zur Geltung. Mit seinem Schwanz fächelt er lockende Duftstoffe zu. Geht das Weibchen auf die Werbung ein, so folgt es dem sich fortbewegendem Partner und berührt dessen Schwanzunterkante mit der Schnauze. Das Männchen setzt nun sein Samenpaket ab und marschiert so lange weiter, bis das Weibchen mit seiner Geschlechtsöffnung über diesem Paket steht. Dann stellt sich es sich quer und stoppt damit das Weibchen, so dass dieses das Samenpaket zur Speicherung in einer Samentasche aufnehmen kann. Erst bei der Eiablage einige Stunden oder Tage später, werden die Eier mit dem gespeicherten Samen befruchtet.

 

Larven – Bizarre Wesen mit langen Fingern

Das bizarre Aussehen der Larven könnte auch der Fantasie eines Science-Fiction-Autors entsprungen sein: Auffallende große äußere Kiemenbüschel, die wie eine Wuschel-Frisur aussehen, lange dünne Finger (und später auch Zehen), ein Schwanz mit schwarz und milchigweiß geflecktem Flossensaum, der in einem Faden endet, große Augen und ein Schmollmund. Beim Schlupf haben die ca. 10 mm langen Kleinen lediglich Vorderbeinstümpfe. Haltefäden helfen ihnen am Anfang, sich an Pflanzen zu heften. Während ihrer ca. 2-4 Monate dauernden Larvalentwicklung bilden sich Vorder- und Hinterbeine vollständig aus und die Tiere erreichen im Durchschnitt eine Größe von ca. 6 cm. Dann verwandeln sie sich nach und nach zum Landtier (Metamorphose): Kiemen und Flossensaum bilden sich langsam zurück, während sich Lungen und die typische Färbung neu ausbilden. In der Regel überleben weniger als 10 % der anfänglichen geschlüpften Larven. Sie verlassen dann meist im September / Oktober das Wasser. Die Jungmolche erreichen zwar erst nach 2-3 Jahren die Geschlechtsreife, viele kehren aber schon nach dem ersten Jahr in das Geburtsgewässer zurück.

 

 

© Sonja Fuhrmann

Nur die Hälfte sieht das erste Lebenslicht

Mit Hilfe der Hinterbeine werden die Eier einzeln in zu Tüten umgefaltete Blätter von Wasserpflanzen wie z. B. dem Flutenden Schwaden gelegt. Von März bis Mai werden so durchschnittlich 200 gelblich gefärbte, ca. 2 mm große Eier (inklusive Gallerthülle 4,5 mm) versorgt. Jeweils etwa 10 - 20 Tage später schlüpft dann der Nachwuchs, wegen eines genetischen Defekts aber nur aus ca. 50 % der befruchteten Eier.

 

Manche bleiben ewig jung

Wenn auch nur selten tritt auch beim Kammmolch ein von anderen Molcharten bekanntes Phänomen auf: Es kommt nicht zur vollständigen Umwandlung der Larve, sondern sie behält als ausgewachsenes Tier die Kiemen und bleibt bis zum Lebensende im Wasser. Dennoch bleiben ihr die Vorzüge des Erwachsenendaseins nicht verwehrt, denn nach der Geschlechtsreife kann sie Nachkommen produzieren.

 

Einen Kammmolch gesichtet?

Die Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V. (FÖAG, www.foeag.de) betreut im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit dem Umweltministerium (MELUND) und dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume Schleswig-Holstein (LLUR) eine digitale Fauna-Datenbank (Arten- und Fundpunkt-Kataster), in die Funde von verschiedenen Tiergruppen, u.a. auch Amphibien und Reptilien in Schleswig-Holstein eingehen. Die FÖAG ist daher an der Meldung solcher Funde auch von ehrenamtlich tätigen Personen interessiert (mit Angaben zu Art, Anzahl beobachteter Exemplare, Funddatum und mit einem Kartenausschnitt (z.B. Google Maps) oder Koordinaten des Fundorts - sowie bei seltenen Arten bitte mit Belegfotos (max. 3 Stück mit verschiedenen Ansichten des Tieres) ). Meldungen bitte an:

Andreas Klinge
Arbeitskreis Herpetofauna
Tel.: +49 4340 / 499770
andreas.klinge@gmx.de

Faunistisch-Ökologische Arbeitsgemeinschaft e.V.
c/o Institut für Natur- und Ressourcenschutz der Uni Kiel
Olshausenstraße 75
24118 Kiel
www.foeag.de

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